Mein #goal2019 beinhaltet eine erneute Teilnahme an der Olympischen Distanz in Hamburg und darüber hinaus, mal einen Halbmarathon zu laufen. Halbmarathon deswegen, weil das entfernte Ziel eine Triathlon-Mitteldistanz ist, und da läuft man am Ende einen Halbmarathon.
Die Wahl fiel sehr schnell auf den Lauf in Duisburg. Zum einen suchte ich eine flache Strecke und ein Event, für das ich nicht so weit fahren muss. Zum anderen sollte der Zeitpunkt deutlich vor Hamburg liegen, damit genug Zeit zum Wundenlecken bleibt.
Also Duisburg. Und ich muss sagen, das war eine sehr gute Wahl. Organisatorisch top und von der Strecke her genauso, wie ich es mir gewünscht hatte.
Vor etwa drei Wochen bin ich dann im Training einfach mal locker zwei Stunden durchgelaufen. Ich wollte einfach mal schauen, ob ich überhaupt solange durchlaufen kann und wo ich dann km-mäßig etwa liege. Dieses Training lief super gut, am Ende waren es knappe 18 Km. Auch danach habe ich mich sehr gut gefühlt. Also beste Voraussetzungen, um den ersten Halbmarathon in etwa 2:15 h zu laufen. So das theoretische Ziel.
Was ich nicht so eingeplant hatte, war, dass am 2. Juni der Lorenz am Himmel knallt wie bekloppt und den Sommer im Ruhrgebiet einläutet. So stehe ich also um 10 Uhr an der Startlinie und bin schon am Schwitzen, ohne einen Meter gelaufen zu sein. Na, das kann ja heiter warm werden …
Dann der Startschuss. Die Masse setzt sich in Bewegung. Ich laufe locker los, ich fühle mich super. Naja, denke ich, das könnte ja wirklich gut klappen heute. Nach etwa einem Kilometer kurzer Blick auf die Uhr: Pace passt, Gefühl dazu stimmt auch, also weiter so. Das Tolle in Duisburg: Es laufen Brems- und Zugläufer mit einem gut sichtbaren Luftballon am Hosenbund in festgelegten Zielzeiten mit. Ich laufe meinem Plan folgend also dem Luftballon mit der Zielzeit 2:15 h hinterher. Und das klappt lange erstaunlich gut. Um mich herum eine Gruppe aus Selm samt mitlaufender Trainerin, die diese Gruppe im vorgegebenen Tempo hält, um alle zusammen ins Ziel zu bringen.
Die Hitze ist wirklich heftig. Ich frage mich, ob das schon die angekündigten 30 Grad sind. Is eh wurscht, denn ich fühle mich wie in einer finnischen Sauna. Bei Km 5 dann der erste Verpflegungspunkt. Der Durst ist jetzt schon riesig. Mir schwant, dass das kein Spaziergang wird. Dann geht es erstmal relativ gut weiter bis Km 10, dort wartet mein Fanclub auf mich, um mir zuzujubeln. Die Hitze fängt an, mir den Lauf schwer zu machen. Ich nehme einen Gang raus. An der nächsten Verpflegungsstation gehe ich ein paar Meter, statt zum Wasser greife ich zur Cola, mache meine Kappe im Wasserbecken nochmal nass und trabe weiter. Mein Luftballon ist weg. Aber egal, wenn’s nicht schneller geht, dann wenigstens heile ins Ziel kommen. Um mich herum leiden immer mehr an der Hitze. Jeder versucht, irgendwo zu laufen, wo Schatten ist. Ich sehe den ersten am Rand, der von zwei Sanitätern betreut wird.
Dann kommt Km 14, einmal die Autobahnbrücke herauf, das geht noch, wieder runter auch, und dann geht’s nochmal eine kleine Steigung rauf unter einer S-Bahn-Station hindurch. Und dann passiert es: Meine Beine machen schlapp. Irgendwie geht grad nichts mehr, ich muss tatsächlich gehen. Ich gehe erst langsam, dann etwas strammer bis zur nächsten Verpflegungsstation. Dort trinke ich nochmal ordentlich und mit Ruhe. Jemand hält einen Wasserschlauch auf die Straße und ich nutze diese Abkühlung. Dann gehe ich noch ein Stück. (Insgesamt wird es wohl ein ganzer Kilometer im Schritttempo gewesen sein). Es nützt ja nix. Mir wird klar: Jetzt geht’s nur noch darum, ins Ziel zu kommen. Oder anders gesagt: Es beginnt der Wettlauf mit dem Besenwagen.
Irgendwann trabe ich wieder los. Die Strecke verläuft durch ein paar Wohngebiete. Was ich hier jetzt erlebe, ist MEGA: Die Anwohner sind alle auf dem Bürgersteig. Manche haben die Stereoanlage voll aufgedreht. Alle feuern die Läufer an. Teilweise haben sie eigene Getränkestände mit Wasser aufgestellt, manche reichen auch ein Bier, alle paar Häuser hat jemand seinen Gardena-Gartensprenger aufgestellt oder hält den Wasserschlauch einfach selbst in die Luft. Diese Abkühlung tut wirklich gut. Das ist ein unglaublicher Motivationsschub. Zwei-, dreimal muss ich noch ein paar Meter gehen, aber die letzten drei Kilometer kann ich durchlaufen. Dann sehe ich in einiger Entfernung schon das Stadion des MSV Duisburg. Dort geht es durch einen kleinen Tunnel mit Blitzlicht und lauter Musik. Die letzten Meter sind eine Runde durchs Stadion. Die ist echt zum Genießen. Und genau für diesen Moment lohnt es sich, das Ding bis zum Ende durchzuziehen.
Am Ende sagt die Uhr 2:35:55 h. Keine Glanzzeit, deutlich am Ziel vorbei. Aber was solls? Es ist der erste Halbmarathon in meinem Leben und ich bin immerhin ins Ziel gekommen. 1:0 für mich gegen den Besenwagen.
Und dann gibt es auch noch was Schönes zum Lachen:
Am Stand, an dem man sich sein Finisher-Shirt abholen kann, kommt es zu folgendem Dialog zwischen dem Mann hinter dem Stand und einem davor stehenden Prollo, die Brust raus, den Bauch eingezogen: „Ey kannisch auch Frauen-Shirt haben?“ – „Hä? Wieso?“ – „Na weissu, is tailliert, betont mehr die Muskeln un so.“
Da ich ja eher nicht so der muskulöse Typ bin, habe ich das Männer-Shirt genommen.
Kai Menne