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Laufberichte 2006

Halbmarathon Egmond aan Zee

Ich hätte mißtrauisch sein müssen: Jeder, dem ich davon erzählte, dass ich dieses Jahr in Egmond den Halbmarathon mitlaufen wollte, und der selber schon mal da war, guckte mich nur noch mitleidig an, so nach dem Motto: „Der arme Irre wird schon sehen, was er davon hat !“ Natürlich schien mir die Aussicht, etliche Kilometer über einen Sandstrand an der Nordsee laufen zu müssen und das auch noch Anfang Januar, ein Monat, der nicht gerade für Sonnenschein und warme Temperaturen bekannt ist, ein wenig beunruhigend. Andererseits konnte Werner mit wahrer Begeisterung über seine Läufe berichten. Und waren nicht auch schon viele andere aus unserem Verein dort mit gelaufen ? Nun gut, dachte ich, so schlimm kann es schon nicht werden.

 

Am Samstag pünktlich gegen 6:30 Uhr ging es los: mit zwei Autos fuhren Karen, Michael, Werner und ich gen Norden. Hinten im Kofferraum hatte Michael und Werner ihre Bikes für das ATB - Rennen verstaut. Nach einer unproblematischen Fahrt kamen wir gegen 10:00 Uhr in Egmond an. Ausreichend Zeit, um bis zum Start des ATB – Rennen um 12:00 Uhr die Zimmer zu beziehen und die Startunterlagen abzuholen. Das Hotel „De Boin“ war recht knuffig. Die Zimmer klein, aber vollkommen ausreichend; immerhin waren wir ja nicht zum Schlafen da, sondern zum Laufen. Ich sollte mir ein Zimmer mit Ralf vom LT Wischlingen teilen. Den kannte ich zwar noch nicht, aber mit unserem anderen Mitbewohner, Peter Teuber, ebenfalls von den Wischlingern, war ich sogar schon mal den Drei-Schlösser-Lauf gelaufen. Irgendwie hingen die jedoch zu diesem Zeitpunkt immer noch auf einer Autobahn herum. Also packten wir zunächst mal unser spärlich – sportliches Gepäck aus und machten uns auf zur Sporthalle, wo es die Startunterlagen für das ATB - Rennen geben sollte. Es wäre ja auch zu schön gewesen: natürlich waren die Unterlagen nicht mehr da; jemand vom Verein aus Borgoltshausen hatte sie bereits komplett abgeholt. Wer das war und wo wie den finden konnten, wußte natürlich niemand. Es war ca. 11:00, noch eine Stunde bis zum Start. Wir also zurück zum Hotel und dort nochmal nachgefragt, ob bereits jemand anders eingecheckt hatte: war natürlich nicht der Fall. Die Sorgenfalten auf Werner Gesicht wurden tiefer, unser Stimmung bewegte sich Richtung leichter Panik. Wir teilten uns auf: Karen und Michael sollten beim Hotel bleiben, falls – entgegen jeder vernünftigen Hoffnung – doch noch jemand auftauchen sollte. Werner und ich wollten zu einem anderen Hotel gehen, als auch als Unterkunft in Frage kam. Nur durch Zufall entdeckten wir auf einem Parkplatz ein Auto mit deutschem Kennzeichen, neben dem ein Mann brötchenessenderweise stand und leicht gelangweilt wirkte. Werner: „Ich frag mal, ob der aus Borgoltshausen kommt.“ Den leicht drohenden Unterton kann ich leider nicht angemessen wiedergeben. Jedenfalls stellte sich heraus, dass in der Tat der gute Mensch alle Unterlagen, darunter auch die unserer beiden Mountainbiker hatte. Erleichterung ! Die Bikes waren schnell montiert und allzu viel Zeit, nervös zu werden, blieb jetzt auch nicht mehr. Mittlerweile hatte sich auch die Strecke mit Teilnehmern und Zuschauern gefüllt.

 

Pünktlich um 12:00 Uhr startete das Rennen. Die Strecke führte aus dem Ort heraus auf den Strand und dann insgesamt 36 km über den Sandstrand und durch einige Dünen hindurch. Jeder Versuch, einen unserer Teilnehmer mit dem Fotoapparat einzufangen war von vorne herein zum Scheitern verurteilt, so dicht gedrängt fuhren die Biker an uns vorüber. Natürlich blieben bei dem Gedränge auch Stürze nicht aus, die aber auf dem weichen Untergrund glimpflich verliefen. Nachdem sich die Teilnehmer über den Strand entfernt hatten erschienen auch die Wischlinger; sie waren in einen Stau gekommen. Für die Rückkehr hatten wir uns – wie wir meinten – strategisch günstiger postiert, um unsere Biker zumindest fotografisch einfangen zu können. Natürlich wurde auch daraus nichts: alle Biker waren – wie ihre Bikes - bis zur Unkenntlichkeit mit einer Sandschicht überzogen, die eine sichere Identifizierung schlicht aussichtslos machte. So konnten wir Michael und Werner erst wiedererkennen, nachdem sie sich einer dringend nötigen Grundreinigung unterzogen hatten. Ihre Wettkampf-Ergebnisse können sich sehen lassen: Werner brauchte für die schwierige Strecke nur 1:56 h, Michael war ein wenig länger unterwegs (er muss wohl die Aussicht genossen haben) und nach 2:18 h im Ziel; der langsamste Halbmarathon, den ich bisher gelaufen bin. Wie sie berichteten, hatten sich die Ausrichter an einigen Stellen noch ein paar kleine Schikanen einfallen lassen, damit das Rennen nicht ganz so langweilig wurde. So mußten die Biker an mehreren Stellen ihre Bikes auch schon mal über Hindernisse tragen. Der Abend verging mit einem gemeinsamen Essen im Hotel und Fachsimpeln über die bereits bestrittenen Läufe recht schnell und sehr angenehm. Das Frühstück am nächsten Morgen war ausreichend, wenn auch die Auswahl der Buffets nicht gerade überwältigend war. Ein Besuch auf der Läufermesse (enttäuschend) und ein anschließender Spaziergang mit Inaugenscheinnahme der Startboxen, verkürzten die Wartezeit bis zum Start. Das Wetter war zwar nicht doll, aber zumindest schien es trocken zu bleiben, wenn auch der Wind etwas unangenehm kalt wurde. Etwa eine halbe Stunde vor dem Start fand wir uns in den Startboxen ein. Aus welchen Gründen auch immer startete ich auf Grund meiner niedrigen Startnummer zusammen mit den anderen, an deren Leistungsniveau ich nicht im Entferntesten herankam, in der allerersten Startbox, da wo sich normalerweise nur die „Bleistifte“ aufhalten; ich, als „Radiergummi“ kam mir ein wenig deplaziert vor, versuchte aber, die Unsicherheit durch geheuchelte Professionalität beim Aufwärmen zu überspielen.

 

Der Startschuss war dann schon fast eine Erlösung, hatte ich doch die Hoffnung, mich in der Masse der Läufer geschickt verstecken zu können. Die ersten drei Kilometer gingen durch den Ort, fast immer bergab, was natürlich eine gute Gelegenheit bot, alle Vorsätze über einen ruhigen Beginn des Laufes sofort über Bord zu werfen, und einfach los zulaufen, was das Zeug hielt. Noch hatte ich auch Walter von Weber im Blick; auf Grund seiner Länge und der etwas unorthodoxen Kopfbedeckung – ein „Buff“ in ausgefallen bunten Farben - war das auch nicht sehr schwer. Natürlich war ich, als es auf den Strand hinunterging, dann auch fast zwei Minuten schneller, als ich eigentlich wollte; das war ein Fehler.

 

Was auf den folgenden sieben Kilometern geschah, werde ich so schnell nicht vergessen. Zuerst war ich von dem Anblick der sich über den Strand windenden Läufermenge schlicht überwältigt. Die Luft war klar, der Wind kalt und eigentlich fühlte ich mich recht gut. Womit ich allerdings nicht gerechnet hatte war, dass ich nicht alleine lief, sondern sich vor und hinter mir insgesamt ca. 10.000 weitere Läufer auf der schmalen laufbaren Spur an der Wasserlinie entlang drängelten. Das machte es nicht gerade leicht, die Ideallinie zu finden. Auch der feuchte und stellenweise recht tiefe Sand machte das Laufen nicht sehr angenehm. Nach wenigen Kilometern mußte ich mich zudem in das Schicksal fügen, dauernd überholt zu werden, was meine Motivation nicht gerade steigerte. Ausserdem machte sich spätestens ab Kilometer 8 bemerkbar, dass ich zu Beginn zu schnell los gelaufen war. Ich wurde immer langsamer. Bei Kilometer 10 etwa verließen wir den Strand. Durch den jetzt sehr tiefen Sand war – jedenfalls für mich – an Laufen nicht mehr zu denken. Erst nachdem es auf einen asphaltierten Abschnitt ging, verfiel ich wieder in einen Laufschritt. Aber leichter wurde es nicht, denn nun ging es zunächst in die Dünen. Dünen sind hügelig und meine Beine mochten jetzt einfach keine Hügel. An Aussteigen war mangels einer irgendwie gearteten Rückfahrmöglichkeit nicht zu denken (ich liebe Läufe in einer Stadt mit einem guten öffentlichen Nahverkehr). Erst ab Kilometer 15 wurde die Laufstrecke wieder einigermaßen flach. Geholfen hat mir das in dem Moment aber nicht mehr wirklich. Ich lag erbärmlich weit hinter meinem Zeitplan zurück, meine Beine riefen unisono nur noch: „Blödmann, was machst du hier ?!“, mir war kalt und ich wollte nur noch nach Hause. Sagte ich bereits, dass ich immer noch „laufend“ überholt wurde?

 

Endlich kamen etwa 2 Kilometer vor dem Ziel die ersten Häuser von Egmond wieder in Sicht. Ich nahm ich den Rest, der mir von meiner Selbstachtung noch verblieben war, zusammen und lief schließlich, den letzten Anstieg zum Leuchtturm hinauf nach 2:28 h im Ziel ein. Ich brauche wohl nicht extra zu erwähnen, dass alle anderen aus unserer Truppe schon frisch geduscht bei Kaffee und Kuchen saßen, als ich zum Hotel kam; immerhin waren sie fast eine Stunde vor mir angekommen und sahen schon recht erholt aus. Nach einer ausgedehnten Dusche spürte ich auch meine Beine wieder; sie schienen aber immer noch recht beleidigt zu sein. Werner hat übrigens - wie erwartet - die Kombinationswertung aus ATB-Rennen und Halbmarathon in seiner AK gewonnen. Fazit: nächstes Jahr bin ich - wenn mir meine Beine bis dahin verziehen haben - wieder dabei und werde mit Sicherheit meine bisherige Bestzeit unterbieten.

 

Bernd Albert                                                                               nach oben

 

► Bilder von Egmond